Zurück nach Alaska sollte uns der heutige Weg führen. Der schönste Weg zwischen dem Kluane Lake und Whitehorse ist nämlich nicht der kürzeste, sondern der über Haines und Skagway – beides wieder in Alaska. Gelohnt hat sich der Umweg gleich in mehrfacher Hinsicht.
Nach Haines, AK
Eigentlich wollten wir ja den Kluane National Park überfliegen. Nachdem die Wettervorhersage uns aber dafür keine Hoffnung machen konnte – weder für eine gute Sicht, noch dafür, überhaupt einen Piloten zu finden, der bei den Bedingungen aufsteigen würde –, haben wir uns entschieden, nicht auf besseres Wetter zu warten, sondern ihm entgegenzufahren. Für die folgende Nacht war schon ein Campground in Haines, Alaska reserviert. Übrigens die einzige Campgroundreservierung der ganzen Tour, abgesehen von der letzten Nacht, für die wir uns schon festgelegt hatten.
Durch die Reservierung hatten wir für die Tagesetappe alle Zeit der Welt zur Verfügung. Die Streckenlänge war mit knapp 350 Kilometern durchaus noch übersichtlich und durch den erneuten Wechsel auf Alaska-Zeit gewannen wir ja auch noch eine Stunde.
Doch zuerst galt es, vom Cottonwood Park, unserem Campground der letzten Nacht, nach Haines Junction zu kommen. Zuletzt hatten wir in Tok getankt und die Tanknadel des Dieseltrucks näherte sich bedrohlich der Reserve. Ich kannte den genauen Tankinhalt ebensowenig wie die genauen Restkilometer, die noch zu fahren waren. Aber mir war bewusst, dass wir wohl keinen riesigen Puffer hatten. Und so war dann auch schnell die Reserveleuchte an und schließlich in Haines Junction angekommen, waren 78 Liter verbraucht. Bei 40 verbrauchten Litern stand die Nadel auf halbvoll. So ganz weit wären wir also wohl nicht mehr gekommen und wir hätten uns auf die Hilfsbereitschaft der Yukoner verlassen müssen.
Im »Village Bakery and Deli« in Haines Junction haben wir uns noch mit ordentlichem, frischen Kaffee und sehr leckeren Muffins für die Fahrt eingedeckt und sind dann auf den Haines Highway eingebogen.
Die zur Verfügung stehende Zeit wollten wir eigentlich am Kathleen Lake unterwegs verbringen, der ursprünglich auch als optionale Übernachtungsmöglichkeit auf der Liste stand. Leider wurde das Wetter aber bis dorthin zunehmend schlechter und als wir den Kathleen Lake erreicht hatten, zeigte das Thermometer im Wagen gerade mal noch sechs Grad an. Zusammen mit dem Dauerregen eine denkbar schlechte Voraussetzung für eine Kanufahrt, auf die ich eigentlich spekuliert hatte. Leider ist nämlich die kurzfristige Ausleihe von Kanus und Kajaks im Yukon und in Alaska gar nicht so verbreitet und so sind wir während unserer Tour nicht zu so einem Ausflug gekommen. Nächstes Mal werden wir das wohl direkt von Whitehorse aus planen, wo es entsprechende Anbieter und Möglichkeiten gibt.
Wir sind dann also weiter und auch am Dezadeash Lake hatte sich das Wetter noch nicht geändert. Die vermutlich grandiosen Bergpanoramen rechts und links der Straße waren nur zu erahnen – schade. Aber voraus wurde es schon verheißungsvoll hell und wir haben daher die Fahrt Richtung Haines fortgesetzt.
Glücklicherweise mussten wir nicht lange warten und schon einige Kilometer weiter kam die Sonne durch und auch die Temperatur stieg wieder an. Endlich konnten wir uns wenigstens an der vorbeiziehenden Landschaft erfreuen – mittlerweile übrigens in British Columbia, das sich hier als dünner Streifen noch zwischen den Yukon und Alaska legt. Der Haines Hwy ist wirklich eine Strecke, die sich zu fahren lohnt.
Über die Grenze – erneut
Die erneute Einreise in die USA verlief erwartungsgemäß problemlos. Die I-94-Karten hatten wir ja noch im Pass, weil wir mit dieser erneuten Einreise gerechnet hatten. Einzig die Frage, von wo wir jetzt einreisen, hat mich aus dem Tritt gebracht. »Canada« war mir als Antwort zu offensichtlich. »Germany« führte aber nur zu dem Hinweis, wir seien ja sicher nicht den ganzen Weg gefahren. Also der nächste Versuch: »Canada«. Diese Antwort wurde akzeptiert. Ich hätte gern noch gefragt, was für Länder denn auf der anderen Seite des Schlagbaums noch zur Auswahl gestanden hätten, habe mir das aber verkniffen. Der Grenzbeamte machte zwar einen gutgelaunten Eindruck, ich konnte aber nicht einschätzen, wie empfänglich er für Scherze ist, die seinen Job berühren. Da übe ich mich lieber in Zurückhaltung.
Kurz vor Haines finden sich am Fluss Aussichtspunkte für die Beobachtung von Weißkopfseeadlern. Insbesondere im Herbst sammeln die sich dort und machen sich über die Lachse her. Wir hatten an vielen Stellen unterwegs schon etliche Weißkopfseeadler gesehen, hier aber nicht. Zur falschen Zeit am richtigen Ort, könnte man sagen.
Haines, Alaska
In Haines angekommen, sind wir gleich durchgefahren zum Hafen, wo direkt am Wasser der Oceanside RV Park liegt, auf dem wir reserviert hatten. Wir wurden sehr freundlich begrüßt und noch auf die wichtigsten Spots in Haines hingewiesen, nachdem die Formalitäten erst mal erledigt waren.
Der Campground selbst ist keine Schönheit, sondern eher ein recht enger Parkplatz mit Anschlüssen (Full Hook-up), ist aber sehr sauber. Im Büro ist die kostenpflichtige Dusche und die Toilette zu finden und insgesamt wirkt der Platz sehr gut gepflegt. Die Lage am Wasser ist es, die diesen Campground interessant macht. Man setzt sich gegenüber des Fahrzeugs an einen der Picknicktische oder auf mitgebrachte Stühle und kann auf die Bucht schauen, wo sich die Weißkopfseeadler gegenseitig die Beute streitig machen. Leider konnte ich keinen der spannenden Luftkämpfe richtig mit der Kamera einfangen. Dazu gehört wohl noch mehr Übung und vielleicht auch ein Quentchen Glück.
Wir mussten uns erst mal die Beine vertreten und haben Haines zu Fuß erkundet. Die American Bald Eagle Foundation hat ein sehenswertes kleines Naturkundemuseum, das im Wesentlichen aus einer großen Sammlung ausgestopfter Tiere der Umgebung besteht. Zu bestimmten Zeiten gibt es dann noch ein Raubvogelschau mit Fütterung, die wir uns aber nicht angeschaut haben. Weißkopfseeadler haben wir auf der Tour schon dutzende gesehen, eine Quasi-Fütterung noch am Vormittag auf dem Haines Hwy, wo sich ein sehr großes Exemplar über ein überfahrenes Erdhörnchen hermachte (Foto oben), und großen Informationsbedarf hatten wir auch nicht mehr.
Wir haben dann noch das Fort aufgesucht, hauptsächlich wegen der dort ansässigen Destillerie. Dort haben wir uns nach einem Probierschluck für den Gin entschieden und zwei Flaschen eingesteckt – eine als Mitbringsel für einen lieben Freund und eine für den Eigenbedarf. Richtig viele Andenken für uns selbst hatten wir noch nicht gekauft und ein Genussmittel der geistigen Art ist mal was anderes.
In einer Schleife ging es dann am Wasser zurück zum Campground, von wo wir allerdings noch mal mit dem Camper weggefahren sind. Wir hatten mittlerweile Nachbarn bekommen und von denen erfahren, dass es wohl mit der für den nächsten Tag gebuchten Fähre Probleme geben sollte. Die lag defekt in Juneau und es war nicht klar, ob der Fahrplan am nächsten Tag eingehalten werden konnte.
Wir haben uns entschlossen, die paar Meilen zum Fähranleger rauszufahren, um Infos aus erster Hand zu bekommen. Wir wollten eh dort entlang noch weiterfahren zu einem State Park am Chilkoot Lake, wo zu der Zeit wohl häufig eine Braunbärin mit zwei Jungen gesehen wurde. Zudem konnten wir so den Campground dort anschauen, weil wir keine zweite Nacht auf dem Oceanside RV Campground verbringen wollten, falls die Fähre tatsächlich auf sich warten lassen sollte. So schön war der Campground dann doch nicht und die State Parks passen einfach besser zu uns.
Die Straße zur Fähre und weiter zum Chilkoot Lake führt die Küstenlinie entlang und ist auch ohne Ziel wert, gefahren zu werden. Und der Campground liegt wirklich schön. Die Bärin haben wir leider nicht gesehen. Auch nicht an der Stelle am Chilkoot River, an der häufig Braunbären beim Fischfang zu beobachten sind.
Am Fähranleger gab es für uns nur die Auskunft, dass die Fähre tatsächlich defekt sei, man aber recht zuversichtlich sei, dass sie am nächsten Tag wieder läuft und wir entweder um neun am nächsten Morgen anrufen sollten oder einfach eine Stunde vor der geplanten Abfahrt auf Lane 5 einchecken und am Schalter unsere Tickets holen sollten. Dann würden wir auch erfahren, wann und ob überhaupt die Fähre fährt.
Zurück in Haines haben wir nur noch eingekauft. Ursprünglich hatten wir geplant, nach langer Zeit mal wieder essen zu gehen, hatten jetzt aber Lust auf selbstgemachte Burger und einen Platz in der ersten Reihe am Wasser. Zu den Burgern gab es hervorragendes hopfiges Alaskan und anschließend eine Zigarre und netten Smalltalk mit einem Rentnerpaar aus Michigan, die mit dem eigenen Truck Camper unterwegs waren.
Fähre nach Skagway
Nach einer ruhigen Nacht haben wir bei tollem Wetter draußen gefrühstückt und uns dann noch länger mit unseren absolut liebenswerten Stellplatznachbarn ausgetauscht, mit denen wir einige Gemeinsamkeiten teilten: selber Hinflug, gleiches Fahrzeug, Teile der Route identisch und selbst bei unseren früheren Touren gab es etliche Überschneidungen. Und das Wichtigste: Die beiden sind grundsympathisch und wir waren sofort auf einem Nenner.
Passend zum Auscheckzeitpunkt auf dem Campground stand der Check-in für die Fähre an. Vor Ort hieß es dann, die Fähre sei repariert und auf dem Weg, allerdings mit einer guten Stunde Verspätung. Für diese Zeit lohnte es sich nicht, wieder wegzufahren und so haben wir uns wie unsere vorherigen Nachbarn entschieden, uns auf der Freifläche neben dem Terminal mit einem Buch in die Sonne zu setzen und die Zeit einfach in Ruhe abzuwarten. Von dort konnten wir auch das Anlegen der Fähre beobachten, als sie schließlich auftauchte und haben uns dann ganz entspannt wieder zum Fahrzeug aufgemacht.
Dort konnten wir den chaotischsten Ladevorgang erleben, den wir bisher bei unseren Fährfahrten gesehen haben. Die Einfahrt in den Laderaum war seitlich am Schiff und es ging über eine lange Rampe abwärts. Weil die Fähre ausgebucht war und nicht viel Platz zum Rangieren im Laderaum zur Verfügung stand, mussten etliche Fahrzeuge schon rückwärts die Rampe runter, was den ein oder anderen Fahrer offensichtlich ziemlich herausforderte.
Bemerkenswert war aber die Reihenfolge der ausgewählten Fahrzeuge. In unserer Spur stand ich vorn, nachdem das einzige Fahrzeug vor mir als erstes aufs Schiff fuhr. Hinter mir zwei identische Truck Camper und ein 24er Motorhome, also ein Fahrzeug mit ziemlich genau gleicher Länge. Aber jedes Mal, wenn vom Lademeister unten ein kurzes Fahrzeug angefordert wurde, schickte man eines der hinter uns wartenden Fahrzeuge zuerst runter, also alles gleichlange Fahrzeuge. Da hat wohl das Augenmaß versagt. Wir waren dann insgesamt als vorletztes Auto dran, was den Vorteil hatte, am Ziel zuerst von der Fähre fahren zu können.
Skagway
Die Fahrt nach Skagway war kurz und angenehm. Wir saßen mit frischgebrühtem Kaffee auf dem Sonnendeck – und zwar tatsächlich in strahlendem Sonnenschein mit tollem Ausblick auf die fjordartige Umgebung. Das Sonnendeck befindet sich am Heck der Fähre und so merkt man erst sehr spät, dass man sich Skagway nähert. Dann aber mit Wucht: Rechts und links riesige Kreuzfahrtschiffe und am Himmel gleich mehrere Hubschrauber und Kleinflugzeuge, die die Kreuzfahrttouristen durch die spektakuläre Gegend fliegen. Mit Ruhe und Entspannung war es auf einen Schlag vorbei.
Von der Fähre runter direkt ins Zentrum von Skagway haben wir uns einen Weg durch die Menschenmassen in eine Seitenstraße gebahnt, in der wir den Truck Camper parken konnten. Zu Fuß haben wir dann ein paar Läden am Broadway durchstöbert und noch einig Mitbringsel besorgt, bevor wir uns im Visitor Center des Goldrush National Parks nach Campgrounds in der Umgebung erkundigt haben. Bei dem Trubel, der uns nach der Ruhe und Gelassenheit der letzten Wochen fast überforderte, hatten wir keine Lust, einen der Campgrounds in der Stadt zu nehmen.
Der Tipp der sehr netten Rangerin im Visitor Center war dann der Municipal Campground außerhalb in Dyea, einer ehemaligen Goldgräberstadt am Beginn des Chilkoot Trail. Dort ist ein größerer Campground mit Sites für 10 USD und dahinter, versteckt hinter einer Schlaglochpiste, ein zweiter Campground mit kostenlosen Sites. Dieser Campground wurde uns besonders ans Herz gelegt.
Die Strecke nach Dyea wird zunehmend schmal und etliche Meilen sind nur einspurig und auf 25 mph beschränkt. Der erste Campground machte schon einen schönen Eindruck, wir sind aber weitergefahren zum zweiten. Nicht wegen der 10 Dollar, sondern wegen der Ruhe, die wir dort erwarteten. Und tatsächlich war außer uns nur ein einziges Fahrzeug dort, das aber sogar noch wegfuhr und nicht zurückkam.
Die große Überraschung kam aber später: Plötzlich fuhr das Pärchen auf den Campground, das wir in Haines kennengelernt hatten. Eigentlich hatten wir uns in Skagway verabschiedet und hatten nicht mit einem Wiedersehen gerechnet, da sie planten, gleich Richtung Kanada zu fahren, also den Klondike Highway in nördlicher Richtung. Die Freude über das Wiedersehen war groß, wir waren natürlich wieder Site-Nachbarn und verbrachten einen tollen, langen, feuchtfröhlichen Abend am Lagerfeuer miteinander.
Zusammenfassung
- Start
- Destruction Bay, Kluane Lake, Yukon Territory, Kanada
- Ziel
- Skagway, Alaska, USA
- Points of Interest
- Haines, Skagway
- Fahrtstrecke
- 376 Kilometer (344 vom Kluane Lake nach Haines, 32 Kilometer nach Skagway)
- Gefahrene Routen
- Alaska Highway, Haines Highway